Sonntag, 26. Oktober 2008

Zum Film "Berlin is in Germany" 2


Wie du gestern schon gesagt hast, sieht Martin auf den ersten Blick wie ein typischer Handwerker aus, wenn man ihn nach seinem kräftigen Aussehen und seiner schlampigen Kleidung beurteilt. Aber man entdeckt sofort, dass er trotz des langen Aufenthalts (Gen.) im Knast kein einfacher oder primitiver Mann ist. Je weiter der Film fortschreitet, desto klüger (raffinierter zu pejorativ) wird der Mensch, der uns seine Geschichte Schritt für Schritt erzählt.


Kurz nach der Entlassung aus dem Gefängnis hat Martin die Gelegenheit, uns zu beweisen, dass er ein empfindlicher und solidarischer Mann ist, dass er nicht zu viel Hass im Herz hat, und dass er bereit ist, einen alten und ausichtslosen Freund aus der DDR vor Selbstmord erstens zu bewahren und ihn vor dem gewaltsamen Angriff eines rassistischen Wessis später zu schützen.


Aber was mich an Martins Verhalten inbesonders begeistert, ist seine Fähigkeit, die Erfüllung eines so lang ersehnten Wunsches –die Begegnung mit seinem Sohn– aufzuschieben. Das kann nur das Verhalten eines sehr klugen und kultivierten Mannes sein, der seine Triebe (impulsos) und Emotionen unter Kontrolle hält. Ich finde es anregend, wie er auf den richtigen Zeitpunkt wartet, um sich mit seinem Sohn zu treffen und eine schöne Beziehung aufzubauen. Es ist auch für mich eine Überraschung, wie er seine Frau mit Respekt behandelt, obwohl sie ihn betrogen hat.


Wir haben den ganzen Film noch nicht gesehen, aber meiner Meinung nach steht Martin als Metapher des Bewohners der alten DDR, der lange Zeit im Knast gelebt hat und einen dringenden Freiheitsbedarf hat.


Katy Balan Somlo


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